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Bühnenfoto: Shouten Lernen

Frontmann-Special: Kann eigentlich jeder Shouten lernen?

Am Mittwoch berichteten sogar die Tagesthemen darüber: Shouten, Screamen, Growlen, you name it, sieht zwar einfach aus, braucht aber vor allem eins: die richtige Technik (hier unser Artikel zum tagesthemen-Beitrag mit Capture The Crown).

Wir haben deshalb fünf Frontmänner deutscher “Schrei-Bands”, wie sie meine Mutter bezeichnen würde, gefragt, wie sie dazu gekommen sind, als Shouter am Mikrofon zu stehen und ob sie glauben, dass jeder/jede diese Art zu singen lernen kann:

 

I. Jasper von A TRAITOR LIKE JUDAS

Am Anfang war es eher ‚einfach laut reinschreien‘, Hauptsache laut und irgendwie hart – das hat sicher nicht so geil geklungen.

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Wie bist du zum Shouten gekommen?

Am Anfang war es eher ‘einfach laut reinschreien’, Hauptsache laut und irgendwie hart – das hat sicher nicht so geil geklungen. Was mir dann auf jeden Fall geholfen hat, war, dass wir im Musikunterricht in der Schule gequält wurden, uns warm zu singen und so verrückte Geräusche zu machen. Das mache ich heute bei A Traitor Like Judas noch, weil es mir gut tut und die Stimme vorbereitet!

Glaubst du jeder kann Shouten lernen?

Da ich inzwischen Techniken benutze und der Meinung bin, dass man Techniken erlernen kann und Übung ja den Meister macht, sage ich mal: JA. Ich denke jeder Mensch hat unterschiedliche Anlagen und Voraussetzungen, wie bei jeder anderen Tätigkeit oder jedem anderem Instrument auch, egal ob es Gesang oder die Gitarre ist… Ich spiele auch Gitarre, da war ich am Anfang der absolute Stokel einen Baree-Akkord zu greifen und das ist jetzt gar kein Problem mehr. Es gibt sicher auch Naturtalente, aber generell denke ich, dass das jeder erlernen kann. Wie beim Sport und allem Anderen gilt einfach: Ausprobieren, Techniken suchen, Üben, üben, üben… irgendwann ist es geil!

Dein Tipp für alle Nachwuchs-Frontmänner?

Was meine Stimme auf Shows IMMER ruiniert, ist schlechtes oder scheinbar kein vorhandenes Monitoring, also wenn ich mich selbst nicht hören kann. Dann versuch ich immer lauter zu werden, damit ich mich besser höre und dann bin ich meist am Ende der Show platt. Ich habe bei der letzten Tour mal in Inear Monitoring versucht, das war der Hammer, da ich mich so immer perfekt hören konnte und hinterher gar keine Stimmprobleme mehr hatte. Die Frage ist – auch für mich – ob das nicht die Livesituation und Publikumsinteraktion zu krass beschneidet und einfach für die Art von Musik too much ist… Ich werde mal sehen. Die Emotion auf der Bühne ist auf jeden Fall der wichtigste Faktor für mich, aber das muss sich in Balance mit der Überbeanspruchung der Stimme halten.

II. Gerald von THE GREEN RIVER BURIAL

Ich hab’ das quasi mit YouTube gelernt, und mit viel trial and error.

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Wie bist du zum Shouten gekommen? 

Ich hab’ damals einfach in meinem Zimmer gestanden und rumgeschrien, bis ich heiser war und nicht mehr reden konnte, weil ich keine Ahnung von der Technik hatte. Glücklicherweise waren damals Vocalcover auf YouTube richtig angesagt und viele Sänger von kleineren Bands haben auch Sachen hochgeladen und ein bisschen Techniken erklärt, und wie sie das anstellen. Um die Bands rum war das eine Community von Kids aus der ganzen Welt, die sich gegenseitig Videos gezeigt und somit Neues beigebracht haben und heute sind ein paar davon sogar richtig dick unterwegs. Zum Beispiel Denis von Asking oder Ian von Rings Of Saturn, die haben zu der Zeit auch nur Cover hochgeladen und sind dann so bekannt geworden. Ich hab’ das quasi mit YouTube gelernt, und mit viel trial and error.

Glaubst du jeder kann Shouten lernen?

Die einfache Antwort ist JA. Leute hören sich oft an, wie ich bei The Green River Burial singe und sagen dann sowas wie ‘Das ist echt krass, ich könnte meine Stimme nie so verstellen.’ Das ist Unsinn. Wenn du Gitarre spielst, verstellst du auch nicht deine Hände, du hast einfach dein Instrument gelernt. Die Stimme ist genauso ein Instrument und absolut jeder kann Techniken zum Singen und Schreien lernen. Natürlich klingt jede Stimme anders und jeder hat seine natürlichen Beschränkungen, aber mit Übung, Disziplin und Sorgfalt kriegst du irgendwann raus, was mit deiner Stimme möglich ist, und was nicht. Das ist auch der kritischste Punkt an dem Ganzen. Wenn deine Gitarre kaputt geht, kaufst du dir halt eine andere. Deine Stimme kannst du nicht so leicht ersetzen, die ist ein permanenter Teil von deinem Körper. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Stimme auch wie ein unbezahlbar teures Instrument behandelt und gepflegt wird.

Und wenn ich ein bisschen Werbung machen darf: Ein Sängerkollege, Chris, hat vor kurzem ein E-Book mit Leitfaden und haufenweise nützlichen Shouting Tipps für Anfänger und auch Fortgeschrittene geschrieben, kann man sich hier anschauen. Außerdem könnt ihr auch ganz einfach kleinere Bands oder Sänger selbst anschreiben, die sind meistens nett und offen für Gespräche. Mich selbst kann man natürlich auch gerne anschreiben. Ich freue mich über jeden, dem ich helfen kann und hol’ mir auch Meinungen von anderen Sängern rein, denn niemand hat DIE perfekte Technik und man kann immer noch besser werden.

Dein Tipp für alle Nachwuchs-Frontmänner?

Die größte Hürde ist das eigene Selbstbewusstsein, die Überwindung, sich selbst zu präsentieren und auch damit klarzukommen, dass man sich einiges anhören muss. Mein Vater hat am Anfang immer gefragt, ob mir schlecht ist, weil ich solche Töne von mir gebe. Die Tante von einem Bekannten hat mal ein Lied gehört und gefragt, ob die Heizung kaputt ist. Die hat den Gesang nichtmal verstanden, ich hab für die geklungen wie ein kreischendes Heizungsrohr. Natürlich gibt es dann noch einen Haufen Leute, die die Musik nicht checken, dich komisch angucken und sich über dich lustig machen. Du spielst halt kein Instrument, sondern ‘schreist nur rum’. Auf solche Leute musst du einfach scheißen, die sind stumpf im Kopf und zu engstirnig, um sich auf was einzulassen, was nicht ‘normal’ ist. In Wahrheit haben sie Angst vor dir und beneiden dich, weil du dich einfach hinstellst und das machst, was du wirklich willst, das sagst, was sie sich nicht trauen würden zu sagen.

III. Dave von ANNISOKAY

Probiert Euch aus, traut Euch ans Mikrofon und lasst Eure Power raus!

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Wie bist du zum Shouten gekommen?

Seitdem ich 12 bin, höre ich Musik mit Schreigesang und fand das Treiben auf der Bühne schon immer sehr faszinierend. Mit 20 dann habe ich beschlossen, selber Musik zu machen und sehr schnell Leute gefunden, die mit mir eine Band gründeten. Kleiner Funfact für Euch: Ich habe damals nicht mit dem Mikrofon gestartet, sondern am E-Bass, was ich heute unter ‘Auch-Mal-Gemacht’ verbuche – ich war grottenschlecht. Aber schon während diverser Jam-Sessions schnappte ich mir dann hin und wieder das Mikrofon, um mich auszuprobieren und legte somit den Grundstein meines musikalischen Schaffens in Annisokay. Das, was da aus den Boxen rauskam, gefiel nicht nur mir, sondern auch meinen damaligen Bandjungs. Ich hängte von jetzt auf gleich den Bass an den Nagel und wurde der neue Frontmann der Band.

Glaubst du jeder kann Shouten lernen?

Ganz klar – NEIN! Dennoch bin ich der Meinung, dass jeder, der Bock hat zu schreien, es durchaus ausprobieren sollte. Empfehlenswert ist es, sich selber im Proberaum mit einer Anlage und Mikrofon zu versuchen. Im Idealfall habt Ihr eine Band, oder singt die Songs eurer Lieblingsband. Aber auch beim Schreien in einer Band gilt: Es ist nicht ‘mal eben brüllen’. Um wirkliche Stimmarbeit leisten zu können, braucht es mehr, als nur das Mikro anzuschreien. Wenn Ihr Euch nicht sicher seid, schaut einfach mal beim Gesangslehrer um die Ecke vorbei, und ja, auch der hat nützliche Tipps und Tricks, die Euch das Leben am Mic erleichtern. Aber Leute setzt Euch nicht unter Druck, dass Ihr nicht sofort klingt wie Euer Lieblingssänger. Ein Handwerk will gelernt werden!

Dein Tipp für alle Nachwuchs-Frontmänner?

Youtube Tutorials können euch zeigen wie es geht, aber lernen werdet ihr es nur im Proberaum mit einer Band! Probiert Euch aus, traut Euch ans Mikrofon und lasst Eure Power raus!

IV. AK Fallbrawl von FALLBRAWL  

Einfach machen, der Rest kommt dann schon von alleine. Musik entsteht beim Machen und wird nicht durchgeplant.

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Wie bist du zum Shouten gekommen?

Naja, ich habe damals mit 15 Jahren Gitarrespielen gelernt und hab dann in irgendeinem Bandprojekt mal Backings mitgemacht, was aus heutiger Sicht totale scheisse war. Das war so Schülerband-Wir probieren einfach mal alles aus-Kram, bevor ich überhaupt mit härterer Musik in Kontakt kam. Hardcore war immer schon die Szene, in der ich viele Freunde getroffen habe, so kam es, dass ich irgendwann auch mal eine Band gemacht habe, wo ich dann auch ‘geschrien’ habe. So haben meine Freunde aus Fallbrawl überhaupt mitbekommen, dass ich sowas ‘kann’ und haben mich dann gefragt, ob ich bei Ihnen einsteige, als sie einen Frontmann brauchten. Meine Entwicklung kann man glaub ich ganz gut bei den entstanden Alben und EPs verfolgen. Ich wollte früher nie so diese tiefen verzerrten Stimmen machen, weil ich das nicht so gefeiert habe, hab aber irgendwann festgestellt, dass es einfach geiler klingt und besser zu mir passt

Glaubst du jeder kann Shouten lernen?

Ich habe es gelernt, also denk ich mal, dass es jeder kann. Is aber auch scheiss egal, wie jemand singt oder ob er ne Technik hat oder nicht – so lange da was rüberkommt und die Attitüde stimmt. Einfach machen, der Rest kommt dann schon von alleine. Musik entsteht beim Machen und wird nicht durchgeplant, zumindest in meiner Welt.

Dein Tipp für alle Nachwuchs-Frontmänner?

Ich kann euch empfehlen ein Instrument zu lernen und nicht direkt mit dem Ziel zu starten, Sänger zu werden. So habt ihr ein besseres Gefühl, was instrumental möglich ist und was nicht. Gitarre und Schlagzeug Spielen zu können, zumindest die Basics, ist absolut hilfreich. Ansonsten einfach Vollgas. Ich seh mich jetzt nicht als den ‘Schreiguru’, der hier ‘n Buch schreibt wie man besser wird, jeder muss selbst einfach schauen, was geht und was nicht. Aber um wenigstens etwas zu sagen: Leiser schreien klingt meistens genau so gut wie richtig laut und schont die Stimme. Also immer schön entspannt bleiben.

V. Daniel von LIGHT YOUR ANCHOR

Eure Stimme ist ein Instrument. Das ist wie beim Sport. Wer sich warm macht, verletzt sich weniger.

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Wie bist du zum Shouten gekommen?

Als wir damals unsere erste Hardcore-Band hatten, war ich zu schlecht für die Gitarre, aber ich wollte unbedingt was machen. Das Mikro war noch frei. Es war definitiv schwer, sich auf die Bühne zu stellen und den ‘Unterhalter’ zu spielen, da ich schon recht schüchtern bin. Aber das hat sich dann nach ein paar Shows gelegt. Stimmlich klang ich damals wie eine etwas abgewandelte Version von Bon Scott – für die Despised Icon Kids, das ist der alte Sänger von AC/DC ;) Das hat sich aber zum Glück geändert.

Glaubst du jeder kann Shouten lernen?

Klar kann das jeder. Schnappt euch ein Mic und legt los. Lasst eure Emotionen frei. Das ist glaub ich das Schwierigste daran. War bei mir mit Light Your Anchor nicht anders. Vielleicht hat man einen Vorteil wenn man etwas musikalischer ist und Taktgefühl hat…

Dein Tipp für alle Nachwuchs-Frontmänner?

Eure Stimme ist ein Instrument. Das ist wie beim Sport. Wer sich warm macht, verletzt sich weniger. Ich mach vor jeder Show und auch im Studio ein paar Aufwärmübungen, um die Bänder und das Zwerchfell vorzubereiten. Atemübungen und solche banalen Sachen wie Liegestütze helfen enorm. Und viel trinken. Bei mir ist es Grüner Tee mit Honig. Da gibt’s aber sonst auch genug Hilfe und Tipps, zum Beispiel bei Youtube.


Ihr habt’s gehört: Viel trinken, Aufwärmen, YouTube und vor allem: einfach MACHEN!

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